... UND IST AUCH IMMER NOCH SO: Die Briten haben ein
Gesetz, das verbietet, im Parlament zu sterben. Die Franzosen dürfen ihre
Mastschweine nicht „Napoleon“ nennen. Und in Florida dürfen ledige Frauen
sonntags nicht Fallschirm springen.
Lachen Sie nicht über die Ausländer! Die Deutschen
sind am Ende noch schlimmer, was ihre Sprachungetüme angeht. Nach Paragraf
50 der Straßenverkehrsordnung wird nämlich mit einem Strafgeld belegt, wer
„mit dem Fahrrad den Luftraum über Helgoland verletzt“. Was sind das für
Politiker und Verwaltungsbeamte, die ein solches Kauderwelsch verzapfen,
das dann auch noch bindend ist und nicht korrigiert wird?
Aber es gibt auch Stilblüten der harmloseren Natur,
die aber geeignet sind, die Teilnehmer einer fröhlichen Gesellschaft zu
animieren, sich wiehernd auf die Oberschenkel zu klopfen. In einem
Mitteilungsblatt des alten Oberlahnkreises stand zu lesen: „Wenn bei
Anbruch der Dämmerung noch Straßenlampen brennen, dann brennen noch
Straßenlampen.“ Das ist korrektes Deutsch, entspricht zweifelsohne der
Wahrheit und ist für jedermann verständlich. Aber es wäre lächerlich, wenn
es nicht so lustig wäre.
Ein Bürgermeister aus derselben Gegend antwortete
auf meine Frage, was denn aus diesem und jenem Bauprojekt geworden sei,
mit einer umwerfenden Wortschöpfung: „Die mussten wir aus finanziellen
Gründen leider schubladisieren.“
Warum ich aus dem Lachen nicht mehr herauskam,
musste ich dem guten Mann aber erst erklären. Daraufhin lud er mich
gutgelaunt zum Mittagessen ein, zumal die Glocke des nahen Kirchturms
gerade ein Uhr geschlagen hatte.
Auch in Zeitungen und Zeitschriften finde ich
regelmäßig Formulierungen, die mir die Zähne stumpf werden lassen. Vor
wenigen Tagen lese ich einen Artikel über das sogenannte Cybermobbing. Da
waren doch tatsächlich „je hälftig Mädchen und Jungen befragt worden“,
welche Erfahrungen sie mit diesem Missstand gemacht haben. In meinem
langen Berufsleben habe ich meine Befragungen noch nie „je hälftig“
durchgeführt. Des Weiteren würde ich niemals hinweisen auf die
„Weltenachse, die um den Kosmos gruppiert ist“. Früher konnte man eine
gerade Linie jedenfalls nicht „gruppieren“. Ich hätte auch keineswegs
formuliert, dass ausgediente Dachlatten „der thermatischen Verwertung
zugeführt“ worden seien, ich hätte einfach gesagt: „Die Dachlatten wurden
verbrannt.“ Basta! |
In seinem Buch „Deutschland verblödet“ stellt Gustav
Sichelschmidt fest, der allgemeine kulturelle Werteverfall habe bei uns in
Deutschland Hochkonjunktur. Zu den Symptomen für den Niedergang gehören
seiner Meinung nach die Chaos stiftende Rechtschreibreform, die
integrierte Gesamtschule, die Love Parade und die Unterhaltungsindustrie,
die auf Blödelniveau herabgesunken sei. Das Volk der Dichter und Denker
degeneriere immer mehr zu einer Gesellschaft von Talk-Show-Kandidaten.
Marcel Reich-Ranicki hatte in diesem Punkt recht:
Wenn du wissen willst, wie verblödet unsere Kultur inzwischen ist, dann
blättere mal das Fernsehprogramm durch.
Ich weiß, das klingt alles ziemlich populistisch.
Aber wenn man einen dreizehnjährigen Hauptschüler sagen hört, Skandinavien
bestehe aus Schweden, Holland und Nordpol, dann verschlägt es einem vor
Betroffenheit die Sprache. Doch Sprachlosigkeit bringt uns auch nicht
weiter.
Was uns vielleicht weiterbringt, ist mehr
Aufmerksamkeit für die nach uns kommende Generation, mehr Zeit, mehr Mühe,
den jüngeren mit gutem Beispiel voranzugehen. Auch im Gebrauch unserer
schönen Muttersprache.
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